Mein Weg zur Musik: Lisa Barry

30. Januar 2017 - 10:03 editoR_ls
Die Geige von Lisa Barry

Warum spielt Charlotte Balle Geige und nicht Posaune? Warum ist Lisa Barry keine Hotelfachfrau geworden? Wieso spielt Dorothea Galler im Gärtnerplatztheater München und Maria Friedrich gleich mit drei unterschiedlichen Ensembles? Wie kommt es, dass die Ladystrings vor fast zehn Jahren eine Kammermusikformation gegründet haben, die für alle eine Erfüllung bedeutet?

Wir gehen in der Reihe "Mein Weg zur Musik" zurück zu unseren ganz individuellen Anfängen und beschreiben darin unsere ersten eindrücklichen Erlebnisse und Erfahrungen mit dem gewählten Instrument.

Eine ganz einfache Entscheidung

Als kleines Kind sah ich tagtäglich eine Geige, die bei uns zu Hause herumlag. Diese hatte mich als Achtjährige fasziniert, mehr als das Klavier bei meinen Großeltern. Also suchte man an der Lübecker Musikschule einen Lehrer, und ich begann bei einem serbischen Geiger, Geige zu spielen. Lange Zeit hat er mich enthusiastisch begleitet. Seine Methoden waren unorthodox und anders, als man es heute macht. Aber sie haben mich zum Üben motiviert, außerdem war mein Elternhaus musikalisch, so dass es selbstverständlich war, ein Instrument zu spielen. Dann kamen die ersten, sehr frühen Erfahrungen im Schulorchester: diese Wucht von großartiger Musik, die mein Herz so intensiv berühren konnte! In Saint-Saëns Musik verliebte ich mich früh, ebenso wie in Bachs Orchesterouvertüren, in George Gershwins Rhapsody in Blue und in Edward Elgars Pomp and Circumstances; ob Beethoven oder Verdi, Dvořák oder Martinů – diese Erlebnisse im Orchester prägten mich und zeigten mir immer wieder, dass diese musikalische Kraft vorhanden ist und sie auf mich einwirkt.

Lisa Barry als junge Frau beim Geige Spielen

Die Wirkung der Musik auf mich

Später entdeckte ich, dass auch die Kammermusik, speziell das Quartettspiel, eine ähnliche, jedoch innigere Kraft hat. Großartige Musik – verteilt auf vier gleichwertige Instrumente! Es ist wie ein Gespräch, bei dem man nicht nur aufmerksam lauscht, sondern auf den anderen eingeht und versucht, auch das Unausgesprochene, die Gefühle und Gedanken zu erfassen.

Ich wollte auf diese Erlebnisse nicht verzichten und habe über Jahre und auf Umwegen daran gearbeitet, sie auf professioneller Ebene zu meinem ständigen Begleiter zu machen. Der späte Weg dahin hat mir immer wieder vor Augen geführt, welches Privileg es ist, sich mit der Musik zu beschäftigen, besonders in vielfältigen Aufgaben: Meine Schüler und Schülerinnen jeden Alters erfahren heute eine andere Ausbildung, als ich es erlebt habe. Ich möchte ihnen, ausgestattet mit dem nötigen Handwerk, vor allem meine Freude an diesem Instrument und an der gespielten Musik mit auf den Weg geben. Wenn ich heute Werke von Richard Strauss oder Gustav Mahler in großen Orchestern spiele, dann ist die Wucht unverändert, mit der ich die Kraft der Musik erlebe – inzwischen auf einem anderen Niveau und umso beglückender. Wenn wir im Quartett Werke von Felix Mendelssohn oder Fazil Say spielen, uns mit den unterschiedlichen Komponisten, deren Leben und Werken auseinandersetzen, wenn wir unsere eigenen Programme formen und diese schließlich auf die Bühne bringen, dann ist das ein wunderbarer und unersetzlicher Teil meines Berufs. Die Decke meiner Anfängergeige hängt inzwischen in meinem Unterrichtsraum und erinnert mich stets an meinen Weg zur Musik.

Die Decke von Lisa Barrys Anfängergeige