Herr Síma, Sie haben die Musik für die Aufführungen der Weihnachtsgeschichte komponiert, mit der die beiden Tatort-Kommissare Miroslav Nemec und Udo Wachtveitl gemeinsam mit den Ladystrings und dem Bassist Ralf Zeranski durch Deutschland touren. Was reizt Sie an der Weihnachtsgeschichte von Charles Dickens, dass Sie diesen Auftrag angenommen haben?
Die Botschaft der Weihnachtsgeschichte ist heute, im Zeitalter des Turbo-Kapitalismus, einer immer größer werdenden Kluft zwischen "arm" und "reich" und einer weit verbreiteten "Geiz ist geil!"-Mentalität ebenso aktuell wie in der Zeit, in der sie geschrieben wurde. Werte wie Menschlichkeit,Güte und Empathie scheinen an Bedeutung zu verlieren, werden sogar oft als vermeintliche "Schwäche" verunglimpft. Dickens appelliert mit seiner Geschichte an das Gute im Menschen und zwingt die Leser zur Reflexion über das eigene Leben und Handeln.
Als Komponist fasziniert mich in erster Linie die wunderbar klare Sprache, aber auch der schnörkellose und stringente Erzählstil, welcher meiner musikalischen Handschrift sehr entgegenkommt.
Wie kam es dazu, dass Sie für Streichquintett komponiert haben? Welchen Reiz haben für Sie Streichinstrumente?
Streichinstrumente sind hinsichtlich ihrer Dynamik, ihrer musikalischen Ausdrucksmöglichkeiten und ihrer zahlreichen Klangfarben ausgesprochen vielseitig und flexibel einsetzbar. Sie bieten mir die Möglichkeit, die atmosphärischen und dramaturgischen Ideen in meiner Musik zur Weihnachtsgeschichte adäquat umsetzen zu können, zumal ich schon im Vorfeld wusste, dass mir mit "Ladystrings plus Bass" ein erstklassiger Klangkörper zur Verfügung stehen wird.
Wie sind Sie beim Komponieren vorgegangen? Was hatte größeren Einfluss auf die Musik, der Text oder die Atmosphäre, die erzeugt werden soll?
Es geht bei solch einem Projekt selbstverständlich in erster Linie um den Text. Ich sehe meine Aufgabe hauptsächlich darin, die emotionale Seite des Buchs zu unterstützen und anzutreiben ohne in ein belangloses Hintergrundgeplänkel abzudriften. Handwerklich gesehen arbeite ich bei allen meinen Kompositionen mit eindeutig wiedererkennbaren Motiven sowie mit charakteristischen melodischen Wendungen bzw. harmonischen Texturen. Dadurch reißt der "Rote Faden" beim Hören nicht ab, was mir ausgesprochen wichtig ist.
Gibt es andere Komponisten, die Ihnen als Vorbilder dienen und wenn ja, warum?
Jeder Musiker hat Vorbilder, die ihn inspirieren und die ihn zumeist auch musikalisch sozialisiert haben. Im "klassischen" Bereich sind es bei mir Komponisten wie Maurice Ravel, Igor Strawinskij, Bela Bartok oder Steve Reich. Da mein Vater "Jazzer" ist, wurde mein musikalisches Leben allerdings zuerst durch Musiker wie John Coltrane, Michael Brecker, Count Basie, Miles Davis und Bill Evans maßgeblich geprägt. In den Werken dieser Musiker finde ich all das wieder, was mir in der Musik besonders wichtig ist.
Wie würden Sie Ihren Kompositionstil beschreiben?
Am besten: authentisch. Ansonsten eine Melange aus den vielen Einflüssen meines bisherigen Lebens – und zwar nicht nur des musikalischen …
Setzen Sie gerne typische Streicher-Effekte ein? Haben Sie einen "Lieblingseffekt"?
Ich setze Effekte nur dann ein, wenn sie mir dramaturgisch sinnvoll und vorteilhaft erscheinen. Einen "Lieblingseffekt" habe ich dabei nicht.
Wie kam die Zusammenarbeit mit den Tatort-Kommissaren zustande?
Sie kam durch meinen Freund, den Regisseur und Kopf der Firma Sagas, Martin Mühleis zustande. Wir haben schon bei zahlreichen Projekten zusammengearbeitet, wie bei den beiden Erich-Kästner-Programmen "Als ich ein kleiner Junge war" und "Prost Onkel Erich!" mit Walter Sittler (über 400 Vorstellungen) oder "Ahab", einem sinfonischen Monolog für Sprecher und großes Orchester, welcher durch Dominique Horwitz und die "Sächsische Staatskapelle Dresden" uraufgeführt wurde.
Herr Síma, vielen Dank für das Gespräch. Wir freuen uns – sicherlich gemeinsam mit dem Publikum – auf die Tournee und die vielen Aufführungen.